Bunte Verpackungen mit Aufschriften wie „mit echten Früchten“, „vitaminreich“ oder „aus natürlichen Zutaten“ – so präsentieren sich viele Bonbons in den Supermarktregalen. Doch hinter diesen verlockenden Versprechen verbirgt sich oft eine andere Realität: Süßwaren, die zu 90 Prozent aus Zucker bestehen und deren vermeintliche Gesundheitsvorteile reine Marketingstrategie sind.
Die Tricks der Süßwarenindustrie entschlüsselt
Besonders perfide wird es, wenn Bonbons mit Begriffen wie „Hustenbonbon mit Kräuterextrakten“ oder „Vitamin-C-Drops“ beworben werden. Diese Bezeichnungen erwecken den Eindruck eines gesundheitsfördernden Produkts, obwohl der Hauptbestandteil nach wie vor Zucker ist. Ein winziger Anteil an Vitamin C oder Kräuterextrakt rechtfertigt keineswegs den Gesundheitsanspruch.
Die Zutatenliste offenbart die Wahrheit: Steht Zucker, Glukosesirup oder Fruktose an erster Stelle, handelt es sich um ein klassisches Süßprodukt. Alles andere sind Zusätze in homöopathischen Mengen, die hauptsächlich dem Marketing dienen.
Versteckte Zuckerfallen für Eltern
Für Familien wird die Situation besonders problematisch, wenn scheinbar „gesunde“ Bonbons als Alternative zu herkömmlichen Süßigkeiten angepriesen werden. Eltern greifen zu Produkten mit Aufschriften wie „ohne künstliche Farbstoffe“ oder „mit natürlichem Fruchtgeschmack“, in der Annahme, ihren Kindern etwas Gutes zu tun.
Dabei übersehen sie oft den tatsächlichen Zuckergehalt, der bei manchen dieser Produkte sogar höher liegt als bei konventionellen Süßwaren. Der Grund: Natürliche Süßstoffe wie Agavendicksaft oder Kokosblütenzucker klingen gesünder, sind aber letztendlich ebenfalls Zucker.
Gesundheitsrisiken für Kinderzähne
Während Erwachsene bewusst entscheiden können, ob sie Süßwaren konsumieren, sind Kinder auf die Einschätzung ihrer Eltern angewiesen. Bonbons, die als gesund beworben werden, verführen zu häufigerem Konsum. Das Ergebnis: Karies, Übergewicht und eine gestörte Geschmackswahrnehmung, die süße Lebensmittel als normal empfindet.
Zahnärzte warnen besonders vor dem langen Verweilen von Bonbons im Mund. Die kontinuierliche Zuckerzufuhr schafft optimale Bedingungen für Kariesbakterien – unabhängig davon, ob der Zucker als „natürlich“ beworben wird oder nicht.
Rechtliche Grauzonen und Schlupflöcher
Die Health-Claims-Verordnung der EU regelt zwar gesundheitsbezogene Aussagen bei Lebensmitteln, doch findige Marketingabteilungen umgehen diese Bestimmungen geschickt. Statt direkter Gesundheitsversprechen nutzen sie suggestive Begriffe und Bildsprache.
Ein Bonbon darf sich nicht „gesund“ nennen, aber „natürlich“ oder „traditionell nach altem Rezept“ sind erlaubt. Diese Formulierungen wecken positive Assoziationen, ohne rechtlich angreifbar zu sein.
Die Macht der Verpackungsgestaltung
Grüne Farbtöne signalisieren Natürlichkeit, Bilder von frischen Früchten suggerieren Vitamine, und traditionelle Schriftarten erwecken Vertrauen. Diese visuellen Codes funktionieren unbewusst und beeinflussen Kaufentscheidungen stärker als die tatsächliche Zutatenliste.
Besonders tückisch sind Bonbons, die in apothekenähnlichen Verpackungen daherkommen. Sie erwecken den Eindruck von Medizinprodukten, obwohl sie reine Süßwaren sind.
Durchblick im Zutaten-Dschungel
Verbraucher können sich schützen, indem sie lernen, Zutatenlisten richtig zu interpretieren. Folgende Begriffe sind alle Synonyme für Zucker:
- Dextrose, Maltose, Saccharose
- Glukose- und Fruktosesirup
- Agavendicksaft und Reissirup
- Kokosblütenzucker und Palmzucker
- Konzentrierte Fruchtsäfte
Erscheinen mehrere dieser Begriffe in der Zutatenliste, addiert sich der Gesamtzuckergehalt erheblich. Hersteller nutzen diese Aufteilung, um Zucker in der Rangfolge der Zutaten nach hinten zu verschieben.
Nährwerttabelle als Kontrollinstument
Die Nährwerttabelle liefert konkrete Zahlen: Enthalten 100 Gramm Bonbons mehr als 80 Gramm Zucker, handelt es sich um ein hochkonzentriertes Süßprodukt – unabhängig von allen Werbeversprechen auf der Verpackung.
Alternative Strategien für bewusste Käufer
Statt auf vermeintlich gesunde Bonbons hereinzufallen, können Verbraucher echte Alternativen wählen. Getrocknete Früchte ohne Zuckerzusatz, Nüsse oder selbstgemachte Fruchtleder bieten natürliche Süße mit Nährstoffen.
Für Kinder eignen sich diese Alternativen besonders gut, da sie den Geschmack für natürliche Süße fördern und gleichzeitig Vitamine und Ballaststoffe liefern.
Bewusster Umgang mit Süßigkeiten
Süßigkeiten müssen nicht grundsätzlich verteufelt werden, aber Ehrlichkeit ist gefragt. Ein Bonbon als gelegentlichen Genuss zu betrachten ist gesünder, als es als Gesundheitsprodukt zu rationalisieren.
Eltern sollten mit ihren Kindern offen über Süßigkeiten sprechen und erklären, dass auch „natürliche“ Bonbons Süßwaren bleiben. Diese Aufklärung schärft das Bewusstsein und fördert einen verantwortlichen Umgang mit Zucker.
Die Erkenntnis täuschender Werbestrategien befähigt Verbraucher, informierte Entscheidungen zu treffen. Nur wer die Tricks der Lebensmittelindustrie durchschaut, kann seinen Konsum bewusst steuern und sich vor irreführenden Gesundheitsversprechen schützen.
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